Texturas

2010 / 2012

Texturas
2010 / 2012

Die Vielschichtigkeit der globalen Welt tarnt sich auf rauer Jute oder Holz unter der glänzenden Schönheit der farbigen, bisweilen aber brüchigen Oberfläche ihrer Werke. Grobgeflickte Narbenwülste brechen sich Bahn, als wollten sie an Wunden erinnern.

Teréz F. zerstört die alte Ordnung, die in diesen Säcken nichts anderes sieht als möglichst billiges Material für den Transport zwischen zwei unterschiedlichen Welten. Ein notwendiges Übel sozusagen. Einen Kostenfaktor. Mit Farbe, Form und Linie als klassischen Elementen der Malerei rückt sie der groben Textur zu Leibe. Sogar die Nahtreste, nur scheinbar völlig unbrauchbar, veredelt sie zu ordnenden Elementen der Bildfläche. Sie gibt dem verdreckten Stoff eine neue Identität (zugegeben, nachdem sie ihn gewaschen hat). Jedoch nicht, ohne sichtbar zu machen, woher er kommt und was seine Bestimmung war.

Sie will nicht die totale Abstraktion des Materials oder der Form. Ganz im Gegenteil. Genau das will sie erhalten, damit dessen Geschichte nicht verloren geht. Und so ist die kreative Zerstörerin gleichzeitig Bewahrerin. Denn hören wir nicht beim Blick auf den Sack aus Kuba eine entfernte Melodie aus Havanna? Vaya con dios...Verschmilzt nicht das leuchtende Grün, das der Sack jetzt stolz trägt, mit der Farbe der Zuckerrohrfelder seiner Heimat, wenn wir nur lange genug schauen? Wer hat diesen Sack berührt und wäre gern ihm gleich in die Welt hinaus gereist in ein anderes Leben? Doch statt stairway to heaven back to the roots.

Nähte geben der rauen Jute als Bildträger Struktur - und der Grundstoff wird ergänzt durch das Medium Sprache. Sie stempelt die Säcke mit Schablonen oder drückt ihnen Erzählfragmente aus ihrem Leben auf. Weisheiten, die andere in Tagebücher schreiben: Yesterday's the past, tomorrow's the future. But today is a gift." Sie hat das Carpe diem in vielen Sprachen gelernt – und gelebt.

Und so macht sie aus der minderwertigen Massenware ein wertvolles Unikat. In der Natur würde man von einer Metamorphose sprechen. In der Ökonomie könnte man den Beginn einer völlig neuen Wertschöpfungskette assoziieren, denn plötzlich ist die frühere Verpackung mehr wert als der Inhalt. Welchen Wert hat also so ein alter Sack, der in dem Bauch eines Schiffes Zucker aus Kuba oder Kaffee aus Guatemala gebracht hat? Welchen Wert hat also die Arbeit, die darin steckt? Was gestern wertlos war als ausgediente Hülle, kann heute schon kostbar sein. Und umgekehrt? Ganz bewusst wird der Betrachter dazu eingeladen, über Wertekategorien nachzudenken"

Sabine Schicke 2013

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